Warum ich wegen Dr. Goldstein meine beste Freundin verlor

Kürzlich starb “Dr. Sommer”, der Bravo-Chefaufklärer von 1969–1984, deren Kolumne er jetzt aus dem Jenseits führen muss.

Wenn in der Schule jemand mit dem Blatt erwischt wurde, schnappte es sich die Nonne und es flog in hohem Bogen in den Papierkorb, wo es dann hinterher wieder herausgeklaubt wurde.

Bravo war bei mir zwischen zehn und elf Jahren ein Thema, also in der vierten und fünften Schulklasse. Klar, man war aufgeklärt, sehr schematisch und damit wieder nicht aufgeklärt. Bravo gab’s zu Hause bei einer Freundin, und ich schmökerte eifrig, besonders Dr. Sommers Kolumne. Zwei Geschichten habe ich in Erinnerung: Ein Frage eines Mädchens, deren Bruder sexuell an ihr Interesse zeigte. Nur zu, beschwichtigte Dr. Sommer, probiert es aus, es kann auch schön sein usw. Irgendwie kam mir das komisch und schwül vor. Dann eine Bildergeschichte eines Pärchens, das von einem anderen an einen Baum gefesselt worden war. Dann verlässt mich mein Gedächtnis. Jedenfalls empfand ich das derart merkwürdig, dass ich mit meiner Mutter darüber zu reden begann. Das war das Ende von Dr. Sommer. Sie erklärte mir eindringlich, warum und weshalb so etwas nicht “normal” sei.

Im nächsten Schritt wurde die Mutter meiner Freundin zum Abendessen zu meinen Eltern eingeladen. Hauptthema der Unternehmens war ein hochnotpeinliches Gespräch über Bravo anhand einiger konfiszierter Hefte.

Es endete in einem heftgigen Wortwechsel, da sich die Eingeladene weigerte von ihren “liberalen” Ansichten abzusehen. Ab da wurde ich nicht mehr darüber informiert, wenn meine Freundin bei mir an der Tür geschellt hatte …

Tja, zu sagen bleibt, dass es nicht ausreicht, ein Aufklärungsblättchen und Personen in den Papierkorb zu verbannen. Damals wie heute schaffen es Menschen nicht, die das oberflächliche, konsumorientierte, aus einer männlichen Perspektive geschrieben Pseudo-Aufklärungsblatt nicht mögen, etwas Positives dagegen zu setzen.

Dies ist, zugegebenermaßen, äußerst schwierig – da es ja, im Idealfall, darum geht, sich fallen zu lassen, Herzen und Verlangen zu folgen, also am besten Dr. Sommers tausende von Regeln und Ratschlägen nicht zu wissen oder zu vergessen.

Ansonsten wird es ein einziges Dejavu, ein Abspulen von mechanischen Tipps, erst du mich da, dann ich dich dort. Kopfgesteuert, außengesteuert, Dr. Sommers Werk.

Dr. Sommers Opfer werden niemals wissen, ob alles nicht auch ganz anders hätte sein können, sie werden nur schwer Entdeckerfreuden erfahren, vielleicht nie wissen, was sie eigentlich wirklich wollten.

Denn Dr. Sommers Kinder sind auch heute damit beschäftigt, Feuer in die Asche zu blasen, um seinen pornographischen Anweisungen Leben einzuhauchen.

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6 Antworten zu “Warum ich wegen Dr. Goldstein meine beste Freundin verlor”

  1. Nörgler sagt:

    Die völlige Sexualisierung der Gesellschaft zu deren Zersetzung war und ist das Ziel der Kräfte hinter Goldstein. Und das Vorhaben gelingt prächtig. Die Familie ist ein Auslaufmodell, der Lebensabschnittsgefährte ersetzt den Partner. Lenin, wohl ein “Bruder” von Goldstein, schreibt man den Satz zu: “Willst du ein Volk zerstören, so zerstöre seine Moral!” Die Deutschen haben den Köder bereitwillig gefressen. Ergebnis: Zufriedenstellend, aber sie arbeiten weiter….

  2. Claudia Lindner sagt:

    Vielen Dank für diesen tollen Blog-Beitrag!! Mir persönlich fällt es meist sehr schwer, für verschiedene “Bauchgefühle” passende Worte zu finden. Sie, liebe Frau Beck, haben z.B. auch in diesem Zusammenhang absolut treffend und genau die Worte gefunden zu einem Thema, das mir seit längerer Zeit Unbehagen bereitet. Ergänzend hierzu der tolle Kommentar von “Nörgler”! Man muss sich ja nur einmal ein wenig in der Gesellschaft umschauen, dann kann man eigentlich recht gut diese Art der gesellschaftlichen Zersetzung erkennen. Aber es ist wohl so: “Jeder hat eine andere Sicht, aber nicht jeder sieht etwas.”, denn: in der Freien Aktiven Montessori-Schule, in die meine Tochter (10 J.) seit ca. 1 1/2 Jahren geht (bzw. sie MUSS ja seit unserer unfreiwilligen Rückkehr nach Deutschland in eine Schule gehen …), wird nun auch Aufklärungsunterricht ab der Sekundarstufe angeboten. Als ich mich beim ersten Elternabend hierzu entsetzt geäußert hatte, u.a. dass dieses Thema bitteschön in den Familien bleiben solle, wurde ich rundum mit Kopfschütteln und Unverständnis überschüttet (nach dem Motto “Wie kann man nur so verklemmt sein”). Es sei doch der Wunsch und das Bedürfnis der Kinder, darüber informiert zu werden. Es gehe doch nur um Informationen bzgl. Aufklärung, sonst nichts. – “Denn sie wissen nicht, was sie tun…” “Dr. Sommer” (oder auch Goldstein) hat es also auch längst in Montessori-Kreise hinein geschafft. Alle Achtung …

  3. Quelle? sagt:

    Bitte veröffentlichen Sie eine genaue Quellenangabe (Bravo-Nr/
    Jahrgang). Dieser Artikel wirkt auf eine suggestive Art und ist auch mit Quellenbeleg zu kritisieren.

  4. Friederike Beck sagt:

    Sorry Quelle?, aber die Hefte, die ich als 10- bzw. 11-Jährige las, waren ja nicht meine, sondern die einer Freundin, sonst hätte ich sie sicher irgendiwe ca. 35 Jahre lang archiviert, um jetzt meiner Zitierpflicht Genüge zu tun — wenn das damalige Kind es nur geahnt hätte!:-))

  5. Quelle? sagt:

    Das keine Quellenangabe möglich ist, habe ich leider erwartet. Aber so funktioniert dieser Eintrag auch viel besser.
    Am Anfang den bürgerlichen Namen nennen M. Goldstein, ein Jude der die Shoa glücklicherweise überlebt hat, dann Andeutungen zu der Akzeptanz von Inzest und schon sind die hier Lesenden wider der Vernunft agierend und fühlen sich bestärkt in ihren Ressentiments. Man lese sich nur das erste Kommentar durch.

  6. Thomas sagt:

    @Quelle: Kauf dir zwei , drei Bravos, dann hast du genug Quellen. Und was soll das Judengedöns jetzt? Gibt echt Menschen, die sind so dermaßen verkokt in der Birne… naja, lassen wir das mal.

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