DIE WELT in der Kritik – massive Beschwerden gegen Bomben-auf-Iran-Aufruf

Daniel Pipes, „Studien“-Direktor des Middle-East-Forums und selbsternannter Iran-Experte scheint doch ein gewisses Gegenwindchen ins Gesicht zu wehen: Auf seiner Hausseite schreibt er unter dem Titel:

„Sarah Palin unterstützt ‚Bombardiert den Iran’”:
Meine National Review Online-Kolumne trug letzte Woche die provokative Überschrift: ‚Wie man die Präsidentschaft Obamas retten kann: Bombardiert den Iran’, und das  war in der Tat provozierend.

Linksgerichtete von Webseiten wie ThinkProgress und DailyKos reagierten aufbrausend und in leicht verrückte Art und Weise, indem sie meine Argumentation falsch darstellten, auch während sie mich mit nicht wiederholbaren Namen betitulierten. Die deutsche Zeitung DIE WELT veröffentlichte den Artikel in einer Übersetzung, geriet jedoch so vehement in die Kritik, dass die Herausgeber meine Analyse zurückzogen.“

Dann beschreibt er, welche Zustimmung und Ermunterung er von der US-Rechten erfahren habe (u.a. durch Palin, Buchanan)

Es folgen Passagen aus einem Interview des Fernsehkanals Fox vom vergangenen Sonntag mit seiner erklärten Lieblingspolitikerin der ehemaligen Vizepräsidentschaftskandidatin der US-Republikaner: Zur Erinnerung Sarah Palin ist fundamentalistische Christin (Pentacostal-Bewegung).

FRAGE: Wie schwierig wird es ihrer Meinung nach sein, Obama 2012 zu schlagen?

PPALIN: Das hängt von einigen Dingen ab. Sagen wir, er würde – und ich hab das von Buchanan, ich hab kürzlich eine Kolumne von ihm  gelesen – sagen wir also, er würde die Kriegskarte ausspielen. Sagen wir er würde entscheiden, dem Iran den Krieg zu erklären oder würde wirklich entscheiden, vorzutreten und zu tun, was immer er tun könnte, um Israel zu unterstützen, was ich begrüßen würde. Wenn er das täte, würde das die Dynamik davon ändern, was, wie wir vermuten können, zwischen jetzt und in drei Jahren passieren wird. Denn ich denke, wenn heute Wahlen wären, würde Obama glaube ich nicht wiedergewählt. Aber in drei Jahren könnten sich die Dinge ändern, falls – an der Front der Nationalen Sicherheit…

FRAGE: Aber Sie wollen doch nicht andeuten, dass er zynischerweise die Kriegskarte spielen würde?

PALIN: Das meine ich nicht damit. Ich sage nur, wenn er es täte, würden sich die Dinge dramatisch ändern. Wenn er sich entscheide, härter durchzugreifen und alles in seiner Macht stehende zu tun, um unsere Nation und unsere Verbündeten zu schützen, denke ich, dass die Menschen ihr Denken vielleicht etwas verändern würden und entscheiden würden: ‚Na, vielleicht ist er doch taffer als wir denken, dass er heute ist.’ Und man wäre weniger leidenschaftlich darin, sicherzustellen, dass er keine weitere Amtszeit von vier Jahren vor sich hat.

Kommentar: Ich denke,  Damen wie Sarah Palin, von absolut überschaubarer Intelligenz, fehlt das Vorstellungsvermögen für “Krieg” an und für sich. Aus dem gleichen Grunde ist sie tragischerweise auch offensichtlich nicht in der Lage, sich vorzustellen, dass gerade das Land, dass sie so besonders schützen möchte, durch die von ihr so gewünschte Bombardierung des Iran so besonders in Gefahr gebracht wird. Das scheint auch für Pipes nicht im Bereich des Vorstellbaren zu liegen. Ich empfinde Leute seiner politischen Couleur in Wahrheit als die schlimmsten Gegner Israels…

Auch die FAZ wurde auf den Skandal um den WELT-Online Artikel von Daniel Pipes aufmerksam und brachte folgenden Kommentar:
F.A.Z., 09.02.2010, Nr. 33 / Seite 29
Glosse Feuilleton
Dr. Seltsam Pipes
Daniel Pipes hat endlich wahrgemacht, was unlängst in einem Blog gefordert wurde: “Islamkritik muss militant werden.” Pünktlich zum Beginn der Münchner Sicherheitskonferenz veröffentlichte Pipes in der Online-Ausgabe der “Welt” einen Debattenbeitrag, der für eine schnelle und unbürokratische, nun wirklich militante Lösung warb: “Barack Obama sollte den Iran bombardieren.” Man wusste nicht recht, welchen Reim man sich darauf machen konnte. Zu vieles klang in dem Artikel nach Satire, vor allem die Überlegung, dass der Präsident seine miserablen Umfragewerte doch mit der gebotenen Entschlossenheit schnell wieder aufbessern könne. Obama brauche, so Pipes, “eine dramatische Geste, um seine öffentliche Wahrnehmung als Leichtgewicht, Stümper, Ideologe zu verändern, vorzugsweise in einer Arena, wo der Einsatz hoch ist, wo er die Führung übernehmen und wo er die Erwartungen übertreffen kann”. Eine stabile Mehrheit der Amerikaner bevorzuge die Anwendung von Gewalt schon jetzt. Obama könne zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen: Mit einem Angriff schütze er die Heimat und sende Amerikas Freunden und Feinden “eine Botschaft”. Nur müsse die Chance auch genutzt werden: “So, wie die Iraner ihre Verteidigung verbessern und der Waffenherstellung näher kommen, schließt sich das Zeitfenster.” Aber die satirische Lesart – als habe ein Radikalpazifist durch verzerrende Übertreibung die Anliegen der Kriegspartei desavouieren wollen – lässt sich nicht halten. Daniel Pipes ist einer der profiliertesten Islamkritiker, zur Solidarität mit dem niederländischen Rechtspopulisten Geert Wilders hat er noch kürzlich aufgerufen. Wer indes den Artikel gestern auf “Welt Online” suchte, erhielt nur eine lakonische Mitteilung: “Möglicherweise sind Sie einem falschen oder veralteten Link gefolgt, oder Sie haben sich bei der Eingabe der URL vertippt.” Nein, niemand hatte sich vertippt. Nur scheinen kleinliche Bedenkenträger auch bei der “Welt” Angst vor der eigenen Courage bekommen zu haben. Die “explizite Zuspitzung”, so teilte der Verlag gestern auf Anfrage mit, sei “über die vertretbare Form der üblichen Meinungsäußerung” deutlich hinausgegangen und “redaktionell nicht vertretbar”. Es gibt ja immer noch den Paragraphen 80 des Strafgesetzbuches, der die Vorbereitung eines Angriffskrieges mit einer Freiheitsstrafe nicht unter zehn Jahren bedroht. Reform wäre auch hier das Gebot der Stunde.

Kommentar des Kommentars: Es spricht Bände, dass die FAZ diese Kritik mit satirischen Zügen, was der Sache wohl die Brisanz nehmen soll, im Feuilletonteil unterbringt, statt unter “Außenpolitik”, wo das Thema hingehört!

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Unteressen gehen mir ständig Kopien von Strafanzeigen gegen DIE WELT/Springer Verlag/Herrn Pipes zu, die ich sammeln und auf die ich an dieser Stelle zu gegebener Zeit noch zurückkommen werde.

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2 Antworten zu “DIE WELT in der Kritik – massive Beschwerden gegen Bomben-auf-Iran-Aufruf”

  1. Reiner Christiansen sagt:

    Der ungeheuerliche Artikel von Daniel Pipes hätte ja veröfftlicht werden können – das ist ja zunächst einmal “nur ” Meinungsfreiheit. Jedoch hätte die Welt diesen Artikel entsprechend kommentieren müssen. Aber vielmehr hat die Welt die Komentarfunktion für die Leser zu gesperrt und damit den demokratischen Sturmlauf gegen solche Ungehörigkeiten verhindert. Diese Sperrung der Kommentarfunktion, als auch die Verbreitung von Artikeln bei denen nicht einmal mehr die Verfasser gennannt sind, fällt mir auf und läßt mich Schlimmtes ahnen!

  2. ele sagt:

    als ich den besagten artikel von herrn pipes las, dachte ich das ist die meinung eines menschen der sich profilieren möchte, ein mensch der andere menschen weder respektiert, noch für wichtig hält.
    das ist eine sache.
    ebenfalls habe ich zwar bedenken, das solche artikel veröffentlicht werden da sie ja beeinflussen, aber dennoch fand ich es einfach nur schade, das die welt diesen artikel komplett entfernte.

    wieso ?

    einfach;
    zum einen ist damit ein “wichtiges” dokument verloren gegangen ( aufruf zu einem angriffskrieg ), ( strafrechtlich übrigens relevant ), zum anderen sind vor allem sämtliche kommentare gelöscht, über die ich mich persönlich gefreut habe, denn fast alle kommentatorInnen drückten ihre beschämung deutlich aus.
    dies gab mir in gewisser weise hoffnung, zu sehen das es eine menge menschen gibt, die selber denken, und gewillt sind dies auch zu zeigen.

    andererseits,
    denke ich manchmal, solche hetze darf nicht veröffentlicht werden.

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