Irritationen wegen Persisch-Sprachführer für die Bundeswehr

Die Bundeswehr bald an der Seite Israels gegen den Iran? Das Bundessprachenamt gibt einen persischen Sprachführer für Soldaten heraus, wo Sätze zu lesen sind wie: “Ich stamme aus Köln”, “Ich gehöre zu den UN-Peace-Keeping-Truppen”, “Der Iran ist eine schönes Land”. Des weiteren findet sich die persische Übersetzung  mliltärischer Befehle wie “Halt, stehenbleiben.”

Anlass für die Bundestagsabgeordnete Inge Höger (Die LINKE) nachzuhaken. Dankenswerterweise ist bei youtube ein Video mit den Fragen Frau Högers eingestellt und den Antworten des Parlamentarischen Staatssekretärs im Bundesverteidigungsministerium Christian Schmidt (CSU).

Was man in der Sequenz hört, ist kaum zu glauben:

Schmidt windet sich sichtlich, empfindet die Fragen offensichtlich als eine einzige Zumutung, wird gegen Ende sogar aggresiv. Dem Geschwurbel läßt sich aber entnehmen, dass der Sprachführer gedacht sei, die Kommunikationsfähigkeit der Soldaten zu  verbessern.

Dann fallen Worte wie “israelischer Staatspräsident kürzlich im Bundestag”, “Bedrohungslage Israels”, “Existenzrecht Israels”, “Bedrohung  durch den Iran”.

Schmidt erinnert an das Merkel-Versprechen, dass “ein Angriff auf Israel wie ein Angriff auf uns” sei.

Was darf man daraus schließen?

Schmidt führt weiter aus, der Sprachführer wäre nötig, weil es in Afghanistan Leute gäbe, die Persisch sprächen – räumt aber ein, dass das im Norden nicht  der Fall ist. [Wo die Bundeswehr stationiert ist].

Dann bemüht er einen besonders bizarren Grund: Die deutsche Hilfsorganisation “Help” (NGO) würde mit iranischen Behörden zusammenarbeiten, die in Schulbauten investiert hätten. Dort müsse also Kommunikation stattfinden.

Es folgt ein Seitenhieb auf die “Junge Welt”, die sich des Themas auch angenommen hat, und ihre “kruden” Vorstellungen.

Können wir als mündige Bürger Christian Schmidts Äußerungen so hinnehmen?

Werfen wir einen Blick auf die Karte der verschiedenen Ethnien und Sprachen im Iran und Afghanistan:

Verbreitung der iranischen Sprache; Quelle: Wiki Commons

Verbreitung der iranischen Sprache; Quelle: Wiki Commons

Wir sehen im nebenstehenden Bild den breiten Sprachgürtel des Persischen, der sich schwerpunktmäßig durch den Iran und weiter durch Afghanistan bis nach Tadschikistan hienein zieht. Wir sehen jedoch, dass in Afghanistan der Norden und der Süden ausgespart sind.

Sprachen in Afghanistan nach Distrikten; Quelle: Wiki Commons

Sprachen in Afghanistan nach Distrikten; Quelle: Wiki Commons

Hier eine genauere Sprach-Karte Afghanistans. Wir sehen den breiten “Grüngürtel” der persischen Sprache in der Mitte. Im Süden das Paschtunische. Im Norden werden im wesentlichen zwei Sprachen gesprochen, die vom Persischen und Paschtunischen ganz verschieden sind.

ehno-linguistische Karte Afghanistans; Quelle: Wiki Commons

ethno-linguistische Karte Afghanistans; Quelle: Wiki Commons

Nebenstehend eine ethno-linguistische Karte Afghanistans. Im Norden sehen wir einen großen Bereich in Rosa. Hier wird vorwiegend Turkmenisch gesprochen. In Grün sieht man den paschtunischen Bereich. Braun schließlich der tadschikische Sprachbereich. Kunduz, die Stadt, in deren Nähe der Angriff auf den gekaperten Tanklaster von der Bundeswehr befohlen wurde, liegt übrigens im paschtunischen Sprachbereich, der Ethnie also, die besonders stark bis nach Pakistan hinein vertreten ist. Das Paschtunische hat mit dem Persischen allenfalls ein paar Worte gemeinsam; wer Persisch spricht kann sich also nicht automatisch auch mit Paschtunen veständigen. (Das erklärte mir ein persischer Sprachlehrer).

Fassen wir zusammen: Im Norden, dort wo die Bundeswehr stationiert ist, treffen wir auf drei Sprachen: Vorwiegend das Turkmenische, das Paschtunische und Tadschikisch. Sehen wir selbst: Die deutsche Fahne weht im Norden, dort wo kein Persisch gesprochen wird!…

P.S. Mittlerweile liegt mir der Sprachführer des Bundessprachenamtes vor: Darin finden sich noch wesentlich mehr militärische Befehle, als ich annahm; u.a. “Keinene Schritt weiter”, “Sind Sie bewaffnet?”, “Wir müssen Sie durchsuchen”, “Gebe Sie ihre Waffen ab” u.v.m. Der Sprachführer ist von 2008 und ein Nachdruck von 2003.
Das tut meiner Argumentation jedoch keinen Abbruch, denn ich stelle hier die merkwürdige Antwort des Parlamentarichen Staatssekretärs im Verteidigungministerium in den Vordegrund. Und die war nicht: “So ein Ding drucken wir routinemäßig in allen Sprachen! o.ä.

Verteilung der ISAF-Truppen in Afghanistan; Quelle Wiki-Commons

Verteilung der ISAF-Truppen in Afghanistan; Quelle Wiki-Commons


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8 Antworten zu “Irritationen wegen Persisch-Sprachführer für die Bundeswehr”

  1. Cache sagt:

    Der Mann redet sich um Kopf und Kragen.

    Ausserdem waere interessant zu wissen, ob der Sprachfuehrer in Iranian Persian oder in Afghan Persian (Dari) verfasst ist. Da gibt es naemlich Unterschiede. Warum sollten die Soldaten auf Dari sagen “Der Iran ist ein schoenes Land” ?

    http://en.wikipedia.org/wiki/Dari_%28Eastern_Persian%29#Differences_between_Iranian_and_Afghan_Persian

  2. Cache sagt:

    Das Internet vergisst eben nichts. Fuer Afghanistan gibt es den Sprachfuehrer “Dari”: http://daten.arbeiten-in-krisengebieten.de/jaeger1980/docs/sprachfuehrer_dari_2006.pdf

    Und das Titelbild des Sprachfuehrers “Persisch fuer die Bundeswehr” zeigt interessanterweise die Umrisskarte Irans:
    http://www.yoice.net/blog/wp-content/gallery/artikel/titel-sprachfuhrer-persisch-bundeswehr.jpg

    Schmidts Behauptungen sind damit schlicht falsch. Als Staatssekretaer des Verteidigungsministeriums sollte er es eigentlich genau wissen. Hat Schmidt absichtlich Unsinn erzaehlt oder ist er wirklich so unwissend ?

  3. mahout sagt:

    hallo, weiß jemand, ob die BW bereits Karten von bestimmten Iran-Gebieten drucken ließ oder läßt? Das wäre ein weiteres, definitives Zeichen für eine Einmarschvorbereitung! Kann man u.a. an Vorbereitungen im WK II gut nachvollziehen!

  4. nordlichtbk sagt:

    Firmen die in den Iran investieren, haben eigene Leute Vorort die entweder sehr gut Farsi sprechen und Mitarbeiter iranischer Firmen sprechen sehr gut Englisch viele von Ihnen auch Deutsch! Also ist die Aussage unehrlich. Ich dachte Deutsche Firmen sollen Investitionen mit dem Iran stoppen ?
    lol Schulbauten? der Ingenieur zum iranischen Bauarbeiter: “Halt stehen bleiben! Keinen Schritt weiter! Sind Sie bewaffnet? Wir müssen Sie durchsuchen” ???

    ich dachte die BW wäre keine Kampftruppe?

  5. Wieder sterben deutsche Soldaten in Afghanistan! - Seite 19 - politik.de - Portal f sagt:

    [...] Du noch ein bischen weitergelesen, dann h

  6. heinz sina sagt:

    Verstehe die Irritation nicht.Persisch ist sicher die erste Wahl.Dari ist nicht so verschieden.Gerade im Norden sind viele mehrsprachig.
    Eine Sprache-Eine Nation ist ein europäisches Konstrukt.
    Für die Gegend um Kandahar wäre Pashtu auch gut.Persisich ist aber die lingua franca weischen allen Ethnien.
    Tadschikisch ist auch eine Varietät des Persischen.Es gibt nicht viel Lehrmaterial und wahsrcheinlich hat man halt gespart und ein Lehrbuch aus persischen Lehrbüchern zusammengeschustert.Daher der Einband etc.
    Der Staatssekretär windet sich weil er völlig ahnhungslos ist und nicht wegen irgendwelcher hidden agenda.Solange es Leute gibt die glauben, dass die Iraner Arabisch sprechen brauch tman sich nicht zu wundern

  7. Gibt es falsche Kritik an Googleberg? « Erinnerungsforum sagt:

    [...] siehe auch noch die genauere Analyse mit Karten zu den verschiedenen Ethnien und Sprachen im Iran und Afghanistan:Irritationen wegen Persisch-Sprachführer für die Bundeswehrhttp://becklog.zeitgeist-online.de/2010/02/11/irritationen-wegen-persisch-sprachfuhrer-fur-die-b… [...]

  8. Hamit sagt:

    Im Norden, dort wo die Bundeswehr stationiert ist, wird sehr wohl Persisch gesprochen.

    Das Tadschikische nämlich ist eine der drei Standardvarietäten der persischen Sprache [neben iranischem Persisch, dem Dari (Afghanistanpersisch) und dem Tadschikischen (Persisch in Tadschikistan, mit kyrillischen Schriftzeichen)].

    Die Unterschiede zwischen Persisch und Tadschikisch sind gering: Tadschikisch in Afghanistan, mit arabischen Schriftzeichen geschrieben, ist unter dem Oberbegriffe *Persisch* zu subsumieren.

    Tadschikisch unterscheidet sich von Dari genausoviel wie Schweizer Hochdeutsch vom Österreichischen Hochdeutsch oder Britisches Englisch vom Neuseeländischen Englisch.

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