Guttenberg kündigt mehr Tote in den nächsten Jahren an – nicht nur in Afghanistan!

Quelle: Bundeswehr/

Quelle: Bundeswehr/Bienert/Andrea Bienert

Gestern vermeldet die Presse, unser Verteidigungsminister habe auf der Trauerfeier für die vier zuletzt in Afghanistan gefallenen Soldaten im Ingolstädter Münster gesagt:

„Tod und Verwundung sind Begleiter unserer Einsätze geworden, und sie werden es auch in den nächsten Jahren sein, nicht nur in Afghanistan.“ Und: Die deutsche Gesellschaft, „die diesen Dienst bislang allenfalls freundlich-distanziert zur Kenntnis nimmt“, müsse umdenken. Guttenberg stimmte die Öffentlichkeit auf weitere Tote ein und forderte mehr moralische Unterstützung für die Soldaten. Ein weiterer Bericht trägt die Überschrift: „Guttenberg bittet  Soldatenfamilien um Verzeihung“ (vgl. GA Bonn, 26.4.2010)

An diesen Berichten ist  Mehreres merkwürdig: Guttenberg kündigt Tod und Verwundung gleich für die nächsten Jahre an und nicht nur in Afghanistan.

Bisher war der Öffentlichkeit nur bekannt, dass die Amerikaner im kommenden Jahr dort mit dem Abzug beginnen wollten, Guttenberg spricht jedoch von den nächsten Jahren und kündigt gleichzeitig einen weiteren/weitere Kriegsschauplätze an – denn wenn es nicht nur um Afghanistan geht: Wo soll die deutsche Armee in den nächsten Jahren also noch eingesetzt werden, welchem Land ggfs. der Krieg erklärt werden?

Dann behauptet Guttenberg, die deutsche Gesellschaft stehe dem Afghanistan-Einsatz „allenfalls freundlich-distanziert“ gegenüber. Dies ist bekanntlich völlig falsch, denn Umfragen zeigen seit Jahren kontinuierlich eine stabile Mehrheit von ca. 70 % der Befragten, die sich gegen den Afghanistan-Einsatz aussprechen. Guttenberg muss die Umfragen kennen, umso ärgerlicher, dass er darüber auf einer Beerdigungsfeier in einer Kirche lügt.

Guttenberg fordert mehr moralische Unterstützung für die deutschen Soldaten. Die kann ja wohl nur darin bestehen, weitere Tote zu verhindern und diesen verlogenen Einsatz so schnell es irgend geht abzubrechen. (Über die völkerrechtlich höchst fragwürdige Begründung für diesen Einsatz: siehe meinen Beitrag “Afghanistan – sind wir bereit zu lernen?”)

Zuletzt ist merkwürdig, dass Guttenberg um Verzeihung bittet. Wenn alles korrekt und legal zugegangen und für Deutschland der Verteidigungsfall eingetreten wäre, sollte dies überflüssig sein. Wenn es einen solchen Verteidigungsfall auch nicht in weitestem Sinne gibt, ist eine Entschuldigung allerdings äußerst angebracht – nur davon wird Josef Kronawitters ungeborenem Kind auch nicht der Vater wieder auferweckt.

Guttenberg diskutierte vor nicht allzu langer Zeit (21.3.2010) u. a. mit Alt-Bundeskanzler Helmut Schmidt bei der Atlantik-Brücke in der Bundeswehrakademie in Hamburg über den Einsatz am Hindukusch. Schmidt warnte dabei eindringlich davor, den Afghanistan-Einsatz weiter auszudehnen, es „zeichne sich eine Tragödie im klassisch griechischen Sinne ab“. Im Verlauf der Diskussionsrunde an der Helmut-Schmidt-Bundeswehrhochschule machte er einige sehr konkrete Vorschläge in Sachen Afghanistan, z. B. solle Deutschland im Zusammengehen mit Frankreich Vorschläge unterbreiten, sich viel mehr einbringen, man sollte sich bemühen, die Großmächte und umliegenden Staaten [Russland, China, Iran, Türkei, Indien] viel stärker in die Problemlösung einzubeziehen.

Offensichtlich hatte diese Einschätzung des alten Mannes auf Guttenberg keinerlei Einfluss.

Gregor Gysi (Die LINKE) brachte  am 22.4. im Berliner Reichstag Vieles auf den Punkt.

Die würdevollste und wahrhaftigste Trauerrede für die deutschen Gefallenen hielt jedoch zweifellos Oberst Sanftleben alias Georg Schramm.

Die ZDF-Sendung vom 13.4.2010 war eine der Sternstunden von „Neues aus der Anstalt“. Priol und Schramm, schienen diesmal fast zu einer Einheit zu verschmelzen, so gekonnt und aufeinander abgestimmt war die Darbietung.  Die „Trauerrede“ von Oberst Sanftleben findet sich am Ende der Sendung. Hier eine fulminante Passage:

“Eine Kultur des Scheiterns ist in unserem westlichen moralischen Wertekatalog nicht mehr vorgesehen. Vielleicht hat Clausewitz deshalb geschrieben: ‚Nichts ist schwerer als der Rückzug aus einer aussichtslosen Position.’ Deshalb, lassen Sie uns mutig sein und das Schwere tun, lassen Sie uns das Kühne wagen, lassen Sie uns das Scheitern eingestehen.

Denn, nur wer das Scheitern eingesteht, ist der wirklich Starke. Und wenn wir dann nach draußen gehen mit diesem Gedanken, dann hat der Tod dieser Männer vielleicht doch noch einen Sinn gehabt.”

Wie falsch wirkt dagegen die Trauerrede unseres Verteidigungsministers! Man liest auf der Hausseite des Verteidigungsministeriums:

Die vier Soldaten starben “für die Gewissheit, ihre und unsere Freiheit, das Leben unserer geborenen wie ungeborenen Kinder, unserer Familien zu schützen. Auch und gerade in Afghanistan”, sagte Verteidigungsminister Dr. Karl-Theodor Freiherr zu Guttenberg.

Und:

In Afghanistan wird “für unser Land, für dessen Menschen, also für jeden von uns, gekämpft und gestorben”, hob zu Guttenberg hervor.

Und zum Schluss:

In einem bewegenden Appell wandte sich Verteidigungsminister zu Guttenberg an die Trauergemeinde und an alle Menschen in Deutschland: “Erhalten Sie unseren Soldatinnen und Soldaten den gegebenen Sinn ihres verlorenen Lebens, jenen vieren hier auch, der zusammengefasst ist im soldatischen Eid und im Eid eines jeden politischen Verantwortungsträgers, so wahr Ihnen und uns allen Gott helfe.”

Die drei Passagen enthalten ein neues, erschreckendes, verlogenes, um nicht zu sagen perverses Pathos. Es könnte falscher nicht sein!

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10 Antworten zu “Guttenberg kündigt mehr Tote in den nächsten Jahren an – nicht nur in Afghanistan!”

  1. Alex Kempe sagt:

    Es kann davon ausgegangen werden, daß die nicht müde werdenden und kriegsgeilen Amerikaner noch viele Überraschungen für uns bereithalten. Dabei wäre es nicht verwunderlich, wenn die Pläne für einen Einmarsch im Iran schon in der Schublade liegen.

  2. Trancer Spacy sagt:

    Die Frage, wo ein weiterer Bundeswehreinsatz stattfinden kann, beantwortet ein kleines Produkt aus der Produktion des Bundessprachenamts.

    Dem Sprachführer “Persisch”.

    Siehe:

    http://casudo.de/2010/04/28/hande-hoch-die-bundeswehr-lernt-persisch/

  3. Abdullah sagt:

    Möge Gott dieses Geschmeiß verfluchen und vor den Augen aller verrotten lassen! Es wird Zeit das die arrogante westliche Welt endlich untergeht! Jeder einzelne Soldat ist freiwillig da und was für Verbrechen dieses Gesocks bereits verbrochen hat ist offenkundig geworden. Verflucht seien sie um dessentwillen, was sie getan haben!

  4. Hirnzwirbel sagt:

    Natürlich werden wir bei einer Aktion der Amerikaner eingebunden. Neue Waffenlieferungen werden von Guttenberg angekündigt und dann auch durchgeführt. Aufstockung der Truppen vor Ort und dann werden deutsche/nato Truppen von bösen Iranern angegriffen – oder Israel und dann muß Deutschland seine Schuld an den Juden durch militärische Mithilfe “abbarbeiten”.

  5. Klaus Röth sagt:

    Krieg ist das Gegenteil von Frieden und Bestand der Polarität dieser Welt und ist auch das Grundproblem dieser Welt, was man eben nicht abändern kann, es immer gegeben hat und immer geben wird. Der Unterschied besteht nur in der Qualität der Zeit und die Schlimmsten dabei sind diejenigen, die meinen sie sind Auserwählt, sind Korupt und Kriminell und der Rest Schweine, weil sie nach deshalb nach Weltmacht streben und sind m. E. Geisteskrank. Spätestens in der Heutigen Zeit, solle eigentlich jeder so viel Hirn haben, zu wissen, wem Kriege nutzen und wer daran verdient. Dies sind die Wahren Urheber, wenn man es Kausal betrachtet, in der Zeit.

    Wer ist eigentlich dieser Guttenberg ?

    Lesen Sie bitteschön mal die Seite http://www.zds-dzfmr.de

  6. mAo sagt:

    machen wir doch einmal eine wirkliche freundschaftshilfe an die USA.

    soldaten vom hindukusch in den golf von mexico verlegen, und diese hilfsaktion BP in rechnung stellen. somit hätten wir schon ein paar gute teuros für griechenland.

    aber unsere politiker verstehen diese sprache wohl nicht.

    sollte dabei wirklich ein soldat sein leben lassen müssen, war es doch für einen guten zweck…..

  7. Friederike Beck sagt:

    zur Aufklärung Ihrer letzten Frage meine ich bei zeitgeist-online doch einiges beigetragen zu haben…

  8. Föhnix sagt:

    “zur Aufklärung Ihrer letzten Frage meine ich bei zeitgeist-online doch einiges beigetragen zu haben…”

    Allerdings, und wie! Wahrscheinlich kennt Klaus Röth das herausragende, berühmte und legendäre Guttenberg-Dossier nicht, sonst hätte er die Frage nicht gerade auf dem Blog der Autorin gestellt ;-))

    http://www.zeitgeist-online.de/exklusivonline/dossiers-und-analysen/230-das-guttenberg-dossier-teil-1.html
    http://www.zeitgeist-online.de/exklusivonline/dossiers-und-analysen/632-das-guttenberg-dossier-teil-2.html

  9. Michael Wieden sagt:

    Hallo Frau Beck,

    leider wurden meine Mails an Sie geblockt … daher versuche ich es auf diesem Wege!
    Im Lichte Ihres Guttenberg-Dossiers (welches ich erst heute von einem Xing-Kontakt erhalten habe) sehen viele Dinge anders aus. Meinen Respekt!
    Eigentlich wollte ich heute arbeiten … war aber nun doch gefesselt!
    Meine Frage ist … wie stark waren die Reaktionen auf Ihr Dossier? Nun ist mein Job etwas anderes .. aber ich interessiere mich sehr für Politik … und habe es wohl verpennt! Hatte vorher nie und nirgends davon gehört! (Gut wir haben keinen Fernseher … aus Prinzip .. aber ich dachte ich bin online immer auf dem Laufenden)! Würde mich über eine kurze Info freuen!

    Herzliche Grüße
    Michael Wieden

  10. Friederike Beck sagt:

    Meine Mail s.o., die Reaktion war sehr groß. Näheres können Sie beim Herausgeber erfragen, der einen “Zähler” hat.

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