“Klima” als Orwellscher Begriff

Mangroven; Quelle: Wikimedia Commons

Mangroven (Quelle: Wikimedia Commons)

“Klima” ist zu einem Orwellschen Begriff geworden. Mit dem Stichwort “Klima”, “Klimaerwärmung” oder “Klimawandel” werden Sachverhalte verunklart, verfälscht und in irreführende Zusammenhänge gestellt.

Die Welt war schon immer ein recht unsicheres, keinesfalls stilles Örtchen. Auch das Klima war vielfältigsten Schwankungen unterworfen. Wenn man antike Schöpfungsmythen rekapituliert, so berichten diese von furchterregenden Götterkriegen, Einsturz des Firmamentes, Bersten der Himmel, mehreren Sonnen, Sintfluten. Im Vergleich mit derartigen Fährnissen klimamythologischer Zeiten geht es uns wohl noch insgesamt gesehen ausgezeichnet.

Natürlich waren und sind einige Gegenden (egal ob A-, B-, oder CO2)  unsicherer als andere. Schon immer. Zu den unsichereren Orten zähl(t)en z. B. immer und überall auf der Welt Gebiete in Meernähe. Das ist heute anders: Heute heißt das Klima.

Auch ist kaum noch die Rede von Abholzung der Wälder, von Raubbau und Umweltzerstörungen aller Art, oder gar von Hunger, Armut und einer ungerechten globalen Wirtschaftsordnung – nein, immer und zuverlässig stellt sich der zunehmende Klimawandel als alleinge Ursachen aller Wirkungen heraus.

In einschlägigen Reportagen vorwiegend aus fernen Länder gibt man sich infolgedessen kaum noch die Mühe, Faktoren sorgfältig zu analysieren und zu benennen, damit hält man sich nicht mehr auf: Klimawandel!

Das Stichwort “Klima” entwickelt sich rasant zum globalen Hütehund, der die Schafherde einhegt und dorthin treibt, wohin man sie haben will: In Hab-acht-Stellung in denkfreier Klimazone.

Typisch ein Bericht des Bonner Generalanzeiger vom 6.12.2010 mit dem pathetischen Titel “Vietnam kämpft gegen die Fluten. Mit deutscher Unterstützung  stemmt sich das südostasiatische Land den Folgen des Klimawandels entgegen.” Die Rede ist von einer vietnamesischen Familie von Fischerbauern, unfreiwillige Kronzeugin des “Klimawandels”, die direkt hinter einem kaum vorhandenen Erddeich am Meer wohnt. Dem ärmlichen Leben und dem Bauernhäuschen machte 1997 ein Taifun ein Ende. “Klimawandel” sollte ein aufmerksamer Leser jetzt innerlich ergänzen. Das zweite Leben begann die Familie des Bauern Son Xa dann “auf der anderen Seite des Deiches … nah genug am Meer, wo er bei Ebbe Krabben sammelt und Fisch fängt … Dass seine Zwiebelfelder oft überschwemmt sind und das Wasser bis ins neue Haus kommt, der Regen in diesem Jahr die Hälfte der Ernte zerstört hat, die immer heftigeren Stürme am Deich nagen und wie Krebsgeschwüre den Mangrovengürtel zernagen, macht ihm keine Angst. ‘Das Wasser geht ja wieder zurück … Das ist mein Land, hier bringt mich nichts weg.’ Ja, vom Klimawandel hat er schon mal gehört. ‘Aber die meisten Leute im Dorf machen sich keine Gedanken darüber’ … Das  im Kampf gegen den Klimawandel hier bald ein Projekt zum Schutz des Deiches und der Mangroven gestartet werden soll, davon hat er noch nichts gehört.”

Schon aus diesem kurzen Zitat können wir einige Informationen entnehmen, sie mit der Pinzette herausziehen und sie in einen neuen, realitätsnäheren Zusammenhang stellen: Es ist die Rede von einer ärmlichen Familie, die ihr Haus  hinter einem recht primitiven Erddeich unmittelbar an der Küstenlinie hat und dort ihrer Arbeit nachgeht: Fischen, Krabbensammeln, etwas Landwirtschaft.

Nicht erst seit Aufkommen der Klimadiskussion war das Leben am Meer gefährlich, der gute Deichbau überlebenswichtig. Überall.

1991  gab es eine schwere Überschwemmung in Bangladesch, in deren Folge 300.000 Tote und sieben Millionen Flüchtlinge zu beklagen waren. Die Medien berichteten damals, noch nicht im Banne des Stichworts “Klima”, objektiver über die Hintergründe:

Bangladesch ist der am zweitdichtesten bewohnte Flächenstaat der Erde und liegt quasi in Höhe des Meeresspiegels in einem gigantischen Flussdelta, dass die aus dem Himalaya-Gebirge kommenden Flüsse Ganges, Brahmaputra und Mehgna bilden, bevor sie ins Meer fließen. Dies hat einerseits enorme Bodenfruchtbarkeit durch die mitgeführten Sedimente zur Folge, andererseits ist Bangladesch aber auch das am meisten durch Überschwemmungen heimgesuchte Land der Erde. Ich erinnere mich, damals in der Tagespresse gelesen zu haben, dass die Regierung des von einer Bevölkerungsexplosion geprägten Landes armen Familien Land in hochwassergefährdeten Regionen überlassen hatte. Die Menschen waren sich des Risikos bewusst, allein die Armut ließ ihnen keinen anderen Ausweg als billiges Land in gefährdeten Gebieten zu akzeptieren. Ein ähnlicher, aus der Not geborener Fatalismus, klingt auch in der Einstellung der vietnamesischen Familie in der genannten Reportage an .

Scinexx weiß in einem aktuellen Artikel über das Problem der Armut in Bangladesch zu berichten:

“Aber Not macht erfinderisch: Zahllose Kleinbauern besiedeln die Chars, die superflachen mehr oder minder großen Flussinseln, die sich aus den fruchtbaren Sedimenten der Ströme jedes Jahr neu bilden, die das Wasser aus dem Himalaya und dem Oberlauf der Flüsse mit sich bringt. Ein nicht ganz ungefährliches Unterfangen, denn diese Chars gehören bei Hochwasser natürlich zu den am meisten gefährdetsten Gebieten, die unter Umständen in Blitzgeschwindigkeit verlassen werden müssen …”

Noch ohne das Stichwort “Klimaerwärmung” berichteten die Medien 1991, die hohe Zahl der Todesopfer sei deswegen zu beklagen gewesen, weil Bangladesch eine extrem hohge Bevölkerungsdichte aufweise, es quasi ein von Wasser dominiertes Flachland sein und die Menschen sich bei den regelmäßig eintretenden Überschwemmungen nicht in höher gelegegen Gebiete flüchten können: Das Land besitzt nur einen einzigen Berg …

2010 ist dies natürlich alles anders. Da spricht man von Klimaerwärmung, der zunehmend zerstörerischen Wirkung von Wirbelstürmen an der Küste und bügelt damit die genaueren Zusammenhänge einfach platt: Mittlerweile entstanden nämlich Staudämme am Oberlauf des Ganges. Daurch erreicht immer weniger Süßwasser die Mangrovenwälder der Küste, der Salzgehalt des Wassers steigt infolgedessen, was die Bäume absterben lässt …

Spätestens seit dem verhehrenden Tsunami vom Dezember 2004 weiß die Welt, was Mangrovenwälder für eine Funktion besitzen: Die Küsten vor den Angriffen des Meeres und der Stürme zu schützen, neben ihrer Funktion als Kinderstube für allerlei Fischarten und Krabben.

Doch die so schützenswerten Mangovenwälder wurden und werden zugunsten von Tourismus und Schrimpsfarmen abgeholzt: Um Platz zu machen für Ferienanlagen und Touristen, die einen direkten Blick aufs Meer genießen wollen und die Krabbenindustrie, die immer mehr küstennahe, flache Wasser für sich in Anspruch nimmt und nach wenigen Jahren die genutzten Zonen vergiftet zurücklässt und weiterziehen muss.

2010 wird all dies unter dem Stichwort “globale Erwärmung” abgehandelt. Womit wir wieder bei dem genannten Bericht des Generalanzeigers über Vietnam wären. Auch hier sollen Mangrovenwälder geschützt und Deiche gebaut werden, jedoch nicht wie noch bis vor kurzen, aus Umwelt-, Arten-, und Küstenschutzgründen bzw. Deichbau aus einsichtsvoller Kenntnis des Charakters des Meeres und der Gefahr des Lebens nahe der See – nein aus Klimagründen!

Es ist geradezu grotesk, wie der Artikel über Klimawandel fabuliert, über die Folge einer angeblichen Temperaturerhöhung der letzten 50 Jahre um 0,7 ° spekuliert, aber gleichzeitig genau benennt, warum die vietnamesische Küstenlinie bedroht ist und die Wirbelstürme immer mehr Angriffsfläche finden: Abholzung der Mangrovenwälder, immer mehr küstennahes Land wird von Shrimpsfarmen genutzt; dadurch setzt ein Verdrängungskampf ein, immer mehr Menschen müssen ihren Lebensunterhalt in den Mangrovenwäldern selbst finden, die dadurch immer mehr abgeholzt und überfischt werden.

Die GTZ (Gesellschaft für technische Zusammenarbeit) möchte die Folgen des Klimawandels dort bekämpfen, sprich aufforsten. Das ist löblich.

Dennoch bin ich dafür, die Verwendung des Wortes “Klima” oder “Klimawandel” eine Zeit lang unter Buße zu stellen, bis eine gewisse Ausnüchterung eingetreten ist. Stattdessen wird in der Berichterstattung wieder die Verwendung korrekter Begriffe geübt. Bei Regelverstoß geht pro Un-Wort “Klima”… jeweils 1 Euro in die Wiederaufforstung  der Mangrovenwälder! So müsste der Klimawandel zu schaffen sein!

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2 Antworten zu ““Klima” als Orwellscher Begriff”

  1. Föhnix sagt:

    Ach, gäbe es nur mehr Journalisten, die so treffsicher und standhaft der Gehirnwäsche-Soße trotzen!

  2. [...] hatte an dieser Stelle schon einmal über das Thema “Klimawandel” als Orwellschen Begriff” geschrieben: Statt die Faktoren nüchtern zu benennen, wird neuerdings immer mehr nebulös [...]

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