Atomdesaster in Japan und brisante Geologie

Pazifischer Feuerring; Quelle Wikimedia Commons

Pazifischer Feuerring (Quelle: Wikimedia Commons)

Mittlerweile sind wir schlauer:

Hätte jemand vor der Atomkatastrophe in Japan gefragt, wieviele Atommeiler das Land besitze, wieviele Menschen hätten die richtige Antwort gewusst?

Wer hätte gewusst, dass es in Japan, einer Weltregion, die traditionell zu den am meisten von Erdbeben betroffenen Gegenden unseres Planeten gehört, 55 Atomkraftwerke gibt, sowie weitere 11, die im Bau sind.

Eine “Anti-Atom”-Bewegung ist, so hören wir, in Japan gänzlich unbekannt. Die Nuklearenergie wird also offensichtlich in völliger Übereinstimmung mit der großen Mehrheit der Bevölkerung ausgebaut.

Das ist zumindest erstaunlich – auch deswegen, weil Japan ja 1945 schreckliche Erfahrung mit dem Abwurf zweier amerikanischer Atombomben machte, die es aber offensichtlich in seinem Streben nach Nuklearenergie überhaupt nicht beeinflussten. Wer hätte gewusst, dass es sich bei den Reaktorblöcken 1 bis 6 in Fukushima, um Uraltanlagen handelt und keineswegs um “hochmoderne” Einrichtungen? Die Blöcke Fukushima 1-6 sind über 41, 37, 35, 33, 33 und 32  Jahre alt, was z. B.  Bedeutung für eine mögliche Materialermüdung hat, wenn es jetzt um die Stabilität der Reaktorhüllen bei einer drohenden Kernschmelze geht.

Fukushima 1: Baubeginn 1967, am Netz 1971

Fukushima 2: Baubeginn 1969, am Netz 1974

Fukushima 3: Baubeginn 1970, am Netz 1976

Fukushima 4: Baubeginn 1973, am Netz 1978

Fukushima 5: Baubeginn 1972, am Netz 1978

Fukushima 6: Baubeginn 1973, am Netz 1979

Wer hätte geahnt , dass die japanischen Kraftwerke gar nicht baulich auf ein wirklich großes Erdbeben eingerichtet waren, ganz zu schweigen von den Folgen eines Tsunamis?

Jahrzehntelang wurde das Offensichtliche übersehen, verdrängt, nicht thematisiert, so scheint es.

Dabei ist die Geologie Japans brisant aber bekannt: Denn bekanntlich ist die Erdoberfläche nicht eine fest Masse, die ehern in sich ruht, sondern  Erdkruste/Erdmantel teilen sich auf in sog. Kontinentalplatten, die sich bewegen.

Leider bewegen sie sich nicht alle in dieselbe Richtung, sondern häufig sogar gegeneinander, untereinander, verschieben sich, “tauchen sich gegenseitig unter”. Durch die Drift der Platten können Gesteinsmassen verformt werden, was zu Erdbeben, zu riesigen Flutwellen und Vulkanausbrüchen führen kann.

Japan hatte die Folgen solcher Vorgänge schon oft in seiner Geschichte zu durchleiden. Wie in Island, das an der Schnittstelle zweier Kontinentalplatten (der eurasischen und der nordamerikanischen) liegt, lernt in Japan auch schon jedes Kind in der Schule mit den Folgen, der Möglichkeit häufiger Erdbeben, umzugehen.

Bewegung der Kontinentalplatten (kl. Pfeile); Quelle: gemeinfrei

Bewegung der Kontinentalplatten (kl. Pfeile, Bild gemeinfrei)

Anders als Island liegt Japan jedoch an der geologischen Bruchzone von gleich vier tektonischen Platten der Erdkruste: im Norden der Nordamerikanischen Platte, im Westen der Eurasischen Platte, im Süden der Philippinischen und im Osten der Pazifischen Platte. Diese bewegen sich pro Jahr um einige cm gegeneinander.

Die Pazifische Platte schiebt sich dabei unter die Eurasische Platte, was im Prinzip zu einer Verkleinerung des Pazifiks führt. Grundsätzlich gibt es Vergrößerungs- oder Dehnungszonen sowie Verkleinerungs- oder Subduktionszonen.

Über einer solchen vulkanischen Subduktionszone “thronen” die vier japanischen Hauptinseln. Sie sind Teil des sog. pazifischen “Feuerrings”, eines Vulkanrings, der sich wie ein Ring in den Pazifik legt und viele Inselgruppen einbezieht, darunter auch japanische Inseln.

13.3.2011: Ausbruch des Shinmoe-dake; Quelle: Wikimedia Commonss

13.3.2011: Ausbruch des Shinmoe-dake (Quelle: Wikimedia Commons)

In diesen Subduktionsszonen tauchen leichtere ozeanische Krusten unter andere ozeanische Krusten ab oder unter die schwereren Kontinentalkrusten bzw. sie werden von letzteren quasi “untergetunkt”. Anschließend wird in großer Tiefe Gestein wieder eingeschmolzen, das im Gestein vorher gebundene Wasser wieder freigesetzt, Magma nach oben gedrückt – es kommt zu einem Vulkanausbruch.

Hier eine beeindruckende Liste der Vulkane auf den japanischen Inseln.

Der Fuji, Japans heiliger und höchster Berg, 3776 m: ein Volkan; Quelle: wikimedia commons

Der Fuji, Japans heiliger und höchster Berg, 3776 m: ein Vulkan (Quelle: Wikimedia Commons)

Auch der japanische “heilige” Berg, das Nationalheiligtum Fuji ist, man ahnt es, eigentlich ein Vulkan.

So stellt es sich also völlig logisch dar, dass nach dem großen Erdbeben der Stärke 9 am 11. März, am 13. März auch noch ein Vulkanausbruch folgte: der des Shinmoe-dake.

Wird Japan weiter auf das Atom setzen?

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2 Antworten zu “Atomdesaster in Japan und brisante Geologie”

  1. Alex H. sagt:

    Japan ist als Wirtschaftsmacht in einer Sackgasse. Entweder sie machen so weiter wie bisher und leben mit dem enormen Risiko oder sei verzichten auf Atomenergie und riskieren ihren Wohlstand. Ich denke, sie werden weiter das Risiko wählen.

  2. Daniel Grasenack-Tente sagt:

    Hallo! Auf unserer Webseite haben wir ein übersetztes Interview zum Thema Feuerring gepostet, das insbesondere die dringend zu klärenden Fragen über Zusammenhänge mit der Sonnenaktivität, bzw. den Wechselwirkungen der Magnetfelde von Sonne und Erde: http://bueso.de/node/9710
    Wenn Sie das Interview auf Ihrer Seite einbinden möchten, ist es auch auf YouTube: http://www.youtube.com/watch?v=bompvwo4iK4&feature=channel_video_title

    Außerdem wird in den kommenden Tagen ein Update dazu veröffentlicht, den verschiedene Geologen in Russland und Amerika sagen weitere Beben für Kamtschatka und Kalifornien voraus.

    Beste Grüße,
    Daniel

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