Unwort des Jahres 2011

Als Unwort des Jahres 2011 erscheint mir schon jetzt: “Stresstest”, bekannt im Zusammenhang mit dem “Stresstest für Banken” und dem “Stresstest für Atomkraftwerke”.

“Stress” ist ein Anglizismus, der sich besonders als Synonym für Anstrengung, Aufregung, Anspannung bzw. in seiner Adjektivform als “gestresst” im Sinne von genervt, beunruhigt, angespannt, eingebürgert hat.

Im Englischen hat das Bedeutungsfeld für Stress jedoch noch eine viel größere Ausdehnung, z. B. müsste man “Stress” ins Deutsche auch korrekt mit folgenden Begriffen übersetzen: Betonung, Gewicht, Belastung, Beanspruchung.

Eine Übersetzung wird jedoch nicht vorgenommen – daher haben wir es mit einem Test zu tun, bei dem es darum geht, die Gemütsverfassung, die Genervtheit oder die nervliche Anspannung eines Atomreaktors und einer Bank festzustellen.

Mal abgesehen davon, dass der “Stresstest” eine Nebelkerze und Beruhigungspile fürs Publikum ist: Der Begriff ist ausgesprochenes Falsch-Sprech.

Der korrekte Begriff wäre im Deutschen eine Belastungsprüfung oder eine Überlastungsprüfung.

Einen Stresstest braucht niemand. Was wir hingegen bräuchten, wären Gesetze.

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11 Antworten zu “Unwort des Jahres 2011”

  1. Magnus Göller sagt:

    @ Friederike

    Prima, dass Du diesen Humbug gesondert aufgreifst.

    Ich habe mich vor ein paar Wochen schonmal am Rande darüber lustig gemacht und halte es für ebenden Blödsinn, den Du beschreibst.

    Eine reine Nebelkerze, ein Unfug par excellence, zumal wenn man gar nicht vorhandene Dinge, wie zum Beispiel den Stuttgarter Bahnhof, “stresstestet”, oder, bei Banken, deren virtuelle Zahlen.

    Bei Atomkraftwerken dann deren Pläne.

    Da Du – im Gegensatz zu mir – singen kannst, wäre ja mal an ein Lied zu denken, in dem Du Deine Stimme ganz real stresstestest. (Kannst ja hinterher ein Entstressungsgläschen trinken.)

    Beim Texten hülfe ich eventuell mit und stresstestete dabei immerhin meine Kenntnisse der deutschen Sprache.

    LG!

  2. Der Stresstestrock « Neues aus Hammelburg sagt:

    [...] durch den Text “Unwort des Jahres 2011″ meiner zeitgeist-Kollegin Friederike Beck zum Battelbröckel “Stresstest” bzw. dessen [...]

  3. m.hoberg sagt:

    Ich wäre für einen Stresstest in der Politik, z. B. für Frau Merlek und Konsorten, damit der Bürger “denen da oben” mal auf denZahn fühlen kann. Vielleicht würden wir dann zu einer Demokratie zurückfinden.

  4. Eostre sagt:

    Ich weiss nicht, was sie wollen. Haben sie noch nie gesagt “Ich bin im/ ich habe Stress”, wenn sie sehr von Aufgaben in Anspruch genommen (beansprucht) bzw. belastet waren? Mit “Betonungstest” und “Gewicht(igkeit)stest” würde auch ein Engländer “Stresstest” niemals übersetzen, bloss weil das Wort in seiner Sprache -theoretisch- auch diese Bedeutungen haben könnte. Und nur weil Stress auch eine nervliche Anspannung meinen kann, muss man kein anderes Wort für “Stresstest” suchen. Sollen wir alle Worte die verschiedene Bedeutungen haben meiden, auch wenn ohnehin klar ist, welche im konkreten Fall zutrifft? Niemand glaubt, Banken und AKW hätten psychischen Stress. Sie machen lediglich welchen. Das Problem ist m.E. vielmehr, ein Stresstest klingt verharmlosend in Bezug auf AKW.

  5. Friederike Beck sagt:

    Sie haben den Punkt nicht verstanden: engl. “STress” ist im Deutschen als Fremdwort übernommen für nur einen Teil des Bedeutungsfeldes, das “Stress” hat. Es bezeichnet etwas Psychisches. Daher ist “Stresstest” falsch – es muss Belastungsprüfung heißen. Gestresst?

  6. Eostre sagt:

    “z. B. müsste man “Stress” ins Deutsche auch korrekt mit folgenden Begriffen übersetzen: Betonung, Gewicht, Belastung, Beanspruchung.”

    Nur weil es im Deutschen nicht auch noch Gewicht und Betonung bedeutet? Belastung und Beanspruchung bringe ich damit durchaus in Verbindung. Sie etwa nicht??? Es gibt ja auch bei uns den Begriff des positiven (stark gefordert -beansprucht- sein) und des negativen (dauerhaft stark gefordert -belastet, überbelastet- sein) Stresses. Mit reiner “Gemütsverfassung, … Genervtheit oder … nervliche[r] Anspannung” würde das wohl keiner übersetzen, der schon mal richtig im Stress war.
    Und, wie ich schon anmerkte: “Mit “Betonungstest” und “Gewicht(igkeit)stest” würde AUCH ein Engländer “Stresstest” niemals übersetzen.”

  7. Friederike Beck sagt:

    Sie reden mir das Wort. Danke! “Stress” hat im Engl. vielfältige Bedeutungen u. muss immer angemessen übersetzt werden. Siehe Ihr letzter Satzt. Einzig “Stress”im Sinne von “abgenervt, nervös, überfordert” etc.” kann im Dt. so stehen bleiben. Ich plane noch weitere Blogbeiträge zum sehr erfolgreichen Thema “Lady Gaga”. Nur zur Vorbereitung: Damit der “Stresstest” nicht negativ ausfällt… Diesmal tatasächlich im Sinne von psychischem Stress gemeint!

  8. christoph bahl sagt:

    Mein unwort des Jahres ist eindeutig Ramschniveau.

  9. rosenberger sagt:

    Das Unwort des Jahrhunderts ist:

    “nachhaltig”:

    http://nachrichtenmagazin.twoday.net/stories/wir-sind-jetzt-alle-furchtbar-nachhaltig/

    mfg eure daily news

  10. Infonautin sagt:

    Ich ergänze noch “Restrisiko”.

    “Alternativlos”, das offizielle Unwort des Jahres 2010, käme nach den jüngsten Griechenland-Rettungspaket-Aktionen auch dieses Jahr wieder infrage.

  11. Martin sagt:

    Ich finde das Unwort des Jahres ist ein Satz: “Krieg gegen die eigene Bevölkerung” in Zusammenhang mit den Geschehnissen welweit sei es in Russland, die occupy-Bewegung, Atomkraft, Arabien, Israel, Spanien und beonders auch Griechenland!

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