Abseits des deutschen Medieninteresses bereiten drei der angesehensten Anwälte Frankreichs eine Klage wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit vor französischen Strafgerichten vor. Sie werden die Interessen der Opfer der seit Monaten andauernden NATO-Bombardements in Libyen vertreten. Beklagter: Nicolas Sarkozy.
Die Anwälte sind kein geringerer als der ehemalige französische Außenminister Roland Dumas sowie der extrem wortgewandte Marcel Ceccaldi und der berühmt-berüchtigte Michel Vergès.
Dumas ist zusätzlich bereit, Muammar Gaddafi vor dem Internationalen Strafgerichtshof in den Haag zu verteidigen, welcher einen internationalen Haftbefehl gegen den Diktator ausgestellt hat. Er sagte: „Wenn sie ihn finden, werden sie ihn töten wie Bin Laden. Einige Staaten nehmen sich jetzt das Recht heraus zu töten – gegen jedes internationale Gesetz“.
Der in Vietnam geborene Anwalt Vergès, Sohn einer Vietnamesin und eines Franzosen, erinnert an die Ausbringung von Agent Orange durch die US-Truppen während des Vietnam-Krieges und daran, dass die NATO seit Monaten auch Sprengköpfe benutzt, die abgereichertes Uran enthalten – ein beunruhigender Vergleich!
Der 88-jährige Dumas (Außenminister unter Mitterand) war zusammen mit Vergès im Mai in Tripolis. Man nahm Kontakt mit den Opfern und Hinterbliebenen von NATO-Angriffen auf, von denen 30 bisher den Anwälten ein Mandat erteilten.
Der scharfzüngige Ceccaldi berichtet, die Bombardements hätten Strom- und Wasser- und Versorgungseinrichtungen getroffen und gibt zu bedenken: „Nach fünf Monaten täglicher Bombardierungen durch die NATO und Tausenden von Toten werden die Menschen aufhören, das Regime zu unterstützen – einfach, weil sie es nicht mehr aushalten.“
Und noch einen interessanten Aspekt trägt Ceccaldi vor: Die westlichen Führer seien wegen der ersten ernsthaften Herausforderung in Sachen Libyen aus dem Konzept geraten. „Falls sie die Klagen, die zusammen vor Gericht gebracht werden, stoppen, wird das ein für alle Mal beweisen, dass die westliche Justiz von den Politikern – nicht vom Gesetz beherrscht wird.“
Der ICC in Den Haag genießt außerhalb Europas wenig Ansehen, da er sich doch bisher nur mit Afrikanern beschäftigt hat. Weiße Missetäter à la Tony Blair, George Bush, Dick Cheney und Donald Rumsfield sind dort kein Thema.
Der französische Ex-Außenminister konstatierte außerdem, er sei „erstaunt gewesen, dass diese (NATO)-Mission, die ausgezogen sei, Zivilisten zu schützen, dabei ist diese zu töten.“ Er bezeichnete das als eine „brutale Aggression gegen ein souveränes Land“.
Michel Vergès sparte ebenfalls nicht an Kritik, indem er die Länder der atlantischen Allianz als „Mörder“ bezeichnete. Der „französische Staat“ werde „von Ganoven und Mördern geführt. Wir werden die Mauer des Schweigens einreißen“.
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Die Eliten in Sarkozy-Land, eines der Haupttäter im Angriffskrieg gegen Libyen, stehen also offenbar nicht völlig geschlossen hinter ihrem Premier. Der Libyen-Krieg wird auch salopp „La guerre Sarkozy BHL contre Kadhafi“ bezeichnet.
BHL (= Bernard Henry Lévi), Millionär, Philosoph und Politaktivist, führte als eine Art Ersatzaußenminister in besonderer Mission in Bengasi als Erster Gespräche mit den libyschen „Rebellenführern“ – in wessen Auftrag auch immer. Er riet Sarkozy den Rebellenrat offiziell anzuerkennen, was dieser auch am 10.3.2011 als Erster tat – ohne den eigentlichen Außenminister Frankreichs Juppé zu informieren, was letzteren schwer brüskiert haben soll.
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Bombardierungen eines Landes ohne nennenswerte Luftabwehr sind feige und widerlich. Deutschlands politische Klasse, die Außenminister Westerwelle eine Respektserklärung und eine vormodern anmutende Ergebenheitsadresse an die NATO ob ihrer erfolgreichen Bombardierungen in Libyen abnötige, hat offenbar nun ihren Frieden mit militärischen “Lösungen” gemacht.
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Tags: abgereichertes Uran, Agent Orange, Marcel Ceccaldi, Michel Vergès, Roland Dumas, Sarkozy
Diesem Beitrag stimme ich zu. Wir müssen die schändlichen Massenmörder, und seien es die höchsten Staatsmänner, sofort aus ihren Positionen schaffen und für immer unschädlich machen!
Wenn das die Tatsachen sind, brauchen wir eine neue Operation Walküre. Somit ist klar, wem die Aufgabe zukommt, dem Demos die Macht zurückzugeben.
[...] title Libyen: Klage gegen Sarkozy wegen „Verbrechen gegen die Menschlichkeit“ auf dem Weg, published s…, on Friederikes [...]
Ich habe mir erlaubt, den Artikel ins Englische zu übersetzen und auf http://german-views.de einzustellen.
http://www.german-views.de/2011/10/16/libya-action-against-sarkozy-for-crimes-against-humanity-on-the-way/
Falls Sie damit nicht einverstanden sind, bitte ich um eine kurze Mitteilung per Mail.
Was ich mich schon immer gefragt habe … bei diesen Klagen wegen ‘Verbrechen gegen die Menschlichkeit’ … – wie und wo ist das eigentlich definiert – ‘Menschlichkeit’? Und von wem? Und wurde das von Tätern oder von Opfern definiert??
ja kein Problem
Alles was von Sarkozy kommt zeichnet ihn als Staatsfeind Nummer 1 in Frankreich aus. Zu erst lässt er Chirac den Prozess machen den ersten französichen Presidenten überhaupt und dann verklagt er auch noch persönlich den Friedensaktivisten de Villepin. Gerade die beiden waren doch maßgeblich gegen den Irak Krieg engagiert und jetzt stellt sich aus meiner Sicht Sarkozy als amerikanischer Agent heraus da er Condoleezza Rice’s Aussage “wir müssen Frankreich bestrafen” im wahrsten Sinne des Wortes erfüllt hat.