“Die Welt” erklärt Kriegsszenario

Angriffszenario

Gestern erklärte Hans Rühle in der “Der Welt” der Welt, wie ein Angriff auf den Iran durch Israel aussehen wird.

Rühle ist laut “Welt” Experte für Atomtechnologie und -waffen. Von 1982 bis 1988 war er Leiter des Planungsstabes im Bundesverteidigungsministerium.

Es kann kaum noch erschrecken, wie in der Springer-Presse Kriegsszenarien ungeniert diskutiert werden, als ginge es nicht um Menschen, sondern um ein paar unerhebliche Schachfiguren – die am Ende natürlich den höchsten Preis entrichten müssen. So als wäre Krieg nicht eine Katastrophe, die keine Steigerung mehr zulässt.

Innerhalb einer Perversion des Denkes logische Argumente vorzubringen, ist im Grunde müßig. Es hilft auch nicht weiter, den fortgeschrittenen Irrsinn der Führungseliten zu beklagen – sie werden die Notwendigkeit einer tiefgreifenden Psycho-Therapie für sich selbst nicht als notwendig begreifen.

Es sind keine relevanten gesellschaftlichen Kräfte erkennbar, die bereit wären sich dem Irrsinn entgegen zu stellen, die Kirchen schweigen, Gewerkschaften haben anderes zu tun und die Mehrheit der Parteiführer stehen geschlossen hinter der Behauptung von der “deutschen Verantwortung”, die mittlerweile nicht als Verantwortung für den Frieden, sondern als Verantwortung bzw. Verpflichtung zum Krieg interpretiert wird. Aus historischer Verantwortung. Wegen unserer Geschichte.

Dabei wird unterschlagen, dass wir weitreichende Erfahrungen mit atomar bewaffneten Schurkenstaaten haben. Das größte “Schurkenimperium” hieß einmal Warschauer Pakt. Ein perverses Gleichgewicht des Schreckens erhielt uns eine Art Frieden, verhinderte einen nuklearen Schlagabtausch auf deutschem Boden.

(1991 wurden aus dem Gebiet der DDR alle sowjetischen Atomwaffen abgezogen. In Westeuropa sind jedoch heute noch hunderte gelagert, 20 allein im Westen Deutschland (Büchel/Rheinland Pfalz) unter dem Befehl Obamas.)

Die Instrumente des Kalten Kriegs hießen “Entspannungspolitik” – fast wird man nostalgisch-gerührt, wenn man sich an diese Zeiten erinnert – oder “Wandel durch Annäherung” und “Dialog”.

Die Instrumente sind erprobt und bewährt, was gegenüber einem atomar bewaffneten “schurkischen” Warschauer Block funktionierte, soll gegenüber einem (vielleicht) atomare Bewaffnung anstrebenden Iran nicht mehr möglich sein?

Heute heißen die politischen Instrumente:  Politik der Spannung: “Wir müssen den Druck erhöhen” (ausgerechnet aus dem Mund von Guido Westerwelle!), eine Politik der Dialogverweigerung, der Verteufelung, der Verhetzung, nicht Wandel durch Annäherung, sondern Regime Change, Wandel durch Isolierung und Pressionierung einzelner Staaten, Wandel durch Wirtschaftskrieg, Wandel durch Chaos.

Die perverse Lektion aus der Geschichte heißt, dass der, welcher keine eigenen atomaren Waffen in seinen Arsenalen hat, diese zu spüren bekommt (Japan) oder andere, kaum weniger schreckliche, wie chemische (Vietnam); Staaten mit beschränkten konventionellen Verteidigungsmöglichkeiten, wurden missachtet und destabilisiert (Chile unter Allende und der Mord an General Schneider), (Iran, Absetzung des demokratisch gewählten Dr. Mossadegh), Bomben mit abgreichertem Uran kamen im Irak und in Afghanistan zum Einsatz,  oder man bombardierte ohne Kriegserklärung wie unlängst in Libyen und lynchte seine Führer bestialisch (u. a. Gadaffi und Teile seiner Familie).

Das moralische Niveau der “westlichen Wertegemeinschaft” wurde durch die US-Außenministerin markiert als sie nach Gadaffis Lynchmord kommentierte: “Wir kamen , wir sahen, er starb, hahahaha”.

Ein unbewiesenes, aber permanent unterstellte iranisches Streben nach Atomwaffen wäre daher nachvollziehber. Welcher Herrscher möchte schon sein Land und seine Infrastruktur dem Risiko aussetzen, in die Steinzeit gebombt zu werden?

Das nuklear bewaffnete Pakistan wird mit Drohnen gepiesackt – Courtesy of Obama, seines Zeichens Friedensnobelpreisträger. Heutige Zeitungsmeldung: “13 Tote nach 2 Drohnenangriffen”. Kein weiterer Kommentar. Wie billig sind Menschenleben geworden! Es ist ja nicht unser Markplatz, auf dem mal wieder eine Bombe explodiert, die 70 Menschenleben vernichtet.

Stimmen der Vernunft sind rar geworden, es gibt sie aber offensichtlich auch noch auf israelischer Seite. Die Deutschen mit ihrer von unserern Politikern so oft beschworenen Verantwortung für Israel hätten also geeignete Ansprechpartner, um ihrer Verantwortung und besonderen Fürsorgepflicht  nachzukommen – aus der Geschichte zu lernen.

Peter Scholl Latour sagte schon vor Monaten in einer Fernsehsendung sinngemäß, es wäre nicht das Ende der Geschichte, wenn Persien endlich über Atomwaffen verfügen würde. Lesen Sie dazu das hochinteressante Interview von Ramon Schack zu diesem Thema auf “zenithonline” vom 18.11.2011:

Peter Scholl-Latour verrät im Interview, warum er die Gefahr einer iranischen Atombombe für überschätzt hält und Demokratie nach westlichem Vorbild keine Lösung für die Region ist.

zenithonline: Herr Scholl-Latour, der Bericht der Internationalen Atomenergiebehörde IAEA bezüglich der kerntechnischen Aktivitäten Irans hat zu neuen Spannungen geführt. In Israel wurde und wird öffentlich über einen Militärschlag gegen Teheran debattiert. Der israelische Militärhistoriker Martin van Creveld entgegnete dem: ,Israel kann mit einer iranischen Bombe leben!’ Was denken Sie?

Peter Scholl-Latour: Ich teile die Einschätzung Martin van Crevelds. So wie er äußert sich übrigens auch der ehemalige Chef des Mossad Meir Dagan, auch ein Mann auf den man hören sollte. Wenn der Iran über die Atombombe verfügt, wird er nicht Tel Aviv bombardieren. In so einem Moment würden Israel und die USA den Iran nuklear auslöschen – so suizidal ist man in Teheran nicht veranlagt. Die Drohung, die Waffe einzusetzen, ist eine propagandistische Aussage, die wirklich unhaltbar ist. Es ist auch eine strategisch völlig falsche Sicht der Dinge. Die Atombombe des Iran soll eine Waffe der Abschreckung sein.” (Auszug)

Experte Rühle ist in der “Welt” ziemlich eindeutig auf Kriegskurs. “Israels Regierung steht vor einer schweren Entscheidung, das Land möglicherweise vor einer schwierigen militärischen Operation. Zwar stehen die Erfolgsaussichten gut, Risiken aber bleiben. Auf seine Streitkräfte jedenfalls kann sich Israel verlassen. Die israelische Luftwaffe ist erstklassig, die Moral der Piloten ist geprägt von der Geschichte Israels als dem stets gefährdeten Staat der Juden.”

Besonders unfassbar ist der Tunnelblick des Strategieexperten, der ihn nur zwei Länder wahrnehmen lässt, als sei der Problemkreis zu trennen von einer zu erwartenden Reaktion aus Russland und China mit der Gefahr einer anschließenden Kettenreaktion …

Die aktuellen Vorgänge in Syrien erhalten eine zusätzliche Bedeutung, wenn Rühle die geplanten israelischen Flugrouten zur Bombardierung des Iran erläutert:

Nordroute: Syrisch-türkische Grenzhe-Nordirak in den Iran “militärisch und politisch ansonsten durchaus attraktiv. Die anderen Flugrouten – über Jordanien, Syrien, und den Irak beziehungsweise über Jordanien, Saudi-Arabien und Irak – sind politisch und militärisch riskant.”

Am Ende das Artikels kommt Rühle zum entscheidenden Argument: “Auschwitz”. Mit dieser Keule wurden bereits mehrere Kriege gerechtfertigt, es ist ein Griff in die Kiste der Argumente psychologischer Operationen, die Kriege vorbereiten und begleiten, die Absicht des Mannes ist klar – was die Deutschen anbelangt …

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5 Antworten zu ““Die Welt” erklärt Kriegsszenario”

  1. Lieber Junge - ist wütend sagt:

    Das Schlimme ist, man kommt sich so hilflos vor.

    Es gibt unendlich viele kritische Blogs, in denen die Gefahr thematisiert wird, aber diesen widerlichen, verkommenen Huren des Kapitalelite geht das alles irgendwo vorbei.

    Machen ihren Job, tun so, als ginge es darum, den Schweinestall zu säubern – klar ein paar müssen weg, damit es schon glänzt alles.

  2. Orwell sagt:

    Wo bleiben denn die bunten guten lieben linken und grünen Gutmenschen?

    Die gehen nur “Zivilcourage” zeigen wenns nicht weh tut und gegen einen staatlich aufgebauten und unterhaltenen Popanz geht, die pööösen Nazis. Die Vorherläufer dieser Dummlinge wissen das auch, Teile und herrsche. Und Castoren müssen bekämpft werden! Dumm wie Bohnenstroh diese Leute.

    Früher gabs mal sowas wie eine “Friedensbewegung”, aber seit der widerliche Fettwanst und Turnschuhterrorist Josef Fischer mit seinen kommunistischen Zellen die Grünen unterwandert und ausgehöhlt hat, ist da nix mehr.

    Jetzt sitzt er fest am Tisch der zionistischen NWO-Strategen, billig gekauft, seinem Ehrgeiz für ein wenig “Ehre” (Dr. h.c.) und eine Hand voll amerikanische Papier”silberlinge” erlegen.

    Sieht man sich die anderen traugien Gestalten wie den Zottelbock Ströbele an, die unsägliche Roth und den Bonusmeilen-Ötzi kann einem nur schlecht werden.

    Oh Zeitgeist…

    Oh Lemminge.

    Denk ich an Deutschland in der Nacht, bin ich um den Schlaf gebracht.
    So gings Heine schon vor 160 Jahren.

  3. landbewohner sagt:

    welt und konsorten wissen eben, daß sich ihre leserschaft auch am krieg dumm und dämlich verdienen kann. und wenn da ein paar tausend oder zigtausende umkommen, was scherts die neuen “eliten”?
    dreckspack eben.

  4. “Die Welt” erklärt Kriegsszenario | Contrapaganda sagt:

    [...] https://becklog.zeitgeist-online.de/2012/02/17/die-welt-erklart-kriegsszenario/ [...]

  5. bully sagt:

    jammern und zetern nutzt nichts. es gilt zunächst, die dinge so zu nehmen, wie sie sind. es geht ganz unmissverständlich um grundlegende veränderungen im nahen osten. daran haben viele aus verschiedenen gründen ein ernsthaftes interesse. der us-politkberater, professor lewis, hat entsprechende gedanken in seinen büchern niedergeschrieben. und in großbritannien wird schon seit kolonialzeiten gelehrt: wer europa beherrscht, beherrscht den nahen osten, und wer den nahen osten beherrscht, hat entscheidenden einfluss auf die weltpolitik.
    die für mich entscheidende frage ist, ob und wie wir gewaltlos darauf hin wirken können, dass deutschlands eliten dieses menschenverachtende drecksspiel des täglich dem gott mammon menschenopfer bringenden kapitalismus nicht mitmachen? die antwort auf diese frage ist zugleich die antwort darauf, ob unser politisches system noch als demokratie bezeichnet werden darf?
    wenn ich mir den 30.9.2010 in stuttgart in erinnerung rufe oder die gestrigen fernsehbilder aus griechenland, dann weiß ich, es gibt immer noch genügend kleine leute (in uniform), die sich bedenkenlos dazu hergeben, auf kleine leute (in zivil) gewaltsam loszugehen. leute, die – von lügenpropaganda kirre gemacht und aufgehetzt – bereit sind, ohne nachzudenken und ohne rücksicht auf verluste auf ihresgleichen einzudreschen, lassen sich von ‘den machern’ auch wieder in einen krieg schicken.
    mein fazit: es liegt in jedermanns höchstpersönlicher verantwortung, wie man miteinander umgeht und ob es krieg gibt oder nicht.

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