Ich wollte das Grab meiner Mutter besuchen, ging die gewohnten Baumreihen entlang und hielt nach ein paar Biegungen inne: Irgendetwas stimmte nicht; also noch mal von vorne. Wieder hielt ich irritiert an, ließ die Blicke hin und her schweifen. Nach ein paar sinnlosen Pendelbewegungen überkam mich die Erkenntnis:
Der schöne Lindenbaum mittleren Alters vor der Grabstelle fehlte. Am Boden nur ein Stumpf, ich sah die saubere Schnittstelle, keine braunen Flecken, Fäulnis, Hohlraumbildungen.
Mein Baumkonto war jetzt gestrichen voll: Vor einigen Tagen am Rheinufer: Zwei uralte Weidenbäume am Flussufer, die im Sommer Schatten spendeten – komplett abgesägt, ein paar hundert Meter das gleiche Bild. Der riesige Stammumfang könnte gut auf achtzig bis hundert Jahre hindeuten.
Beide Male: Glatte Schnittflächen, gesunde Bäume.
Einige Wochen vorher an einer Baustelle in Rheinnähe: Zwei alte Kastanien, zudem in Büten stehend, wurden zugunsten einer freieren Baustellenzufahrt abgesägt, mit etwas gutem Willen hätte man sie erhalten, jedoch etwas umfahren müssen.
Ich hängte mich ans Telefon, es dauerte eine halbe Stunde bis das Rätselraten der verschiedenen Stellen, wer denn nun für den Uferbereich überhaupt zuständig sei, (ist es die Kölner Schiffahrtsbehörde oder das Grünflächenamt?), gelüftet ist. Der Verantwortliche klingt gelangweilt-aggressiv. Er behauptet höchstpersönlich zu haften und vor Gericht zu müssen, wenn Bäume umstürzten, entwurzelten und dann bei Hochwasser teibend Schiffe beschädigten.
Die Baumstümpe hätten nunmehr keine “Traglast” mehr und könnten kaum noch umfallen.
Ich frage mich, wie es kommt, dass am Rhein oder überhaupt an befahrenen Flüssen noch Bäume stehen? Jeder Baum kann umfallen, eine Garantie gibt es nicht. Sollte man nicht den gesanten Uferbereich aller deutschen Flüsse mit Schiffahrt konsequent roden, damit nicht am Ende ein städtischer Angestellter höchstpersönlich mit seinem gesamten Vermögen für einen Schadensfall aufkommen muss? Gibt es demnächst vielleicht diesbezüglich eine EU-Richtlinie?
Den Verantwortlichen für das Friedhofswesen zu eruieren, ist auch nicht gerade einfach. Eine entspannte, etwas überdehnte Stimme. “Die Linde”, stimmt er sofort ein. Ja genau.
“Der Baum war tot”.
“Wieso tot”?
“Es wundert mich, dass Sie nicht bemerkt haben, dass der Baum schon seit zwei Jahre keine Blätter mehr hatte”.
“Wie, keine Blätter mehr? Was habe ich denn da immer vom Grab heruntergerecht?”
“Die Krone hatte keine Blätter mehr.”
“Na gut, aber sonst war der Baum doch noch in Ordnung. Mir scheint, es wird immer mehr zu Radikalmaßnahmen gegriffen. Es gibt doch auch Baumchirurgie, man hätte den Baum doch etwas beschneiden können.”
“Da fielen schon Äste herunter, und Leute haben gefragt, wann wir den Baum endlich weg machen”.
“Komisch. Also nach diesen Kriterien können Sie alle Bäume in der …straße wegmachen. Das sind alles Linden. Wir leben dort seit 20, 30 Jahren mit trockenen Ästen. Es ist doch normal, dass Linden eines bestimten Alters trockene Äste abwerfen. Sie können doch deswegen nicht alle Bäume fällen!”
“Wenn etwas passiert, ist der Baumeigentümer Schuld, er muss dann für den Schaden aufkommen. Der Baum war nicht mehr sicher.”
“Was passiert denn jetzt mit dem häßlichen Baumstumpf vor dem Grab?”
“Der wird weggefräst.”
“Und haben Sie vor, einen neuen Baum zu pflanzen?”
“Nein, der Baum stammt noch aus einer Zeit, als man die Gräber per Hand öffnete. Da wird kein Baum mehr hingepflanzt. Jetzt kann man endlich mit der Maschine ranfahren und die Gräber bearbeiten.”
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Tags: gefällte Bäume, Rhein
Ja, die Zentralistenpsychos der hirngefickten Machtgierigen zerstören mit ihren Bulldozern auch noch das letzte Leben (unbedingt nicht nur wörtlich, sondern auch metaphorisch verstehen!), und schreiten weiter voran mit ihrem Grössenwahn, der alles Leben zugunsten von ihrem vollumfänglich kontrollierten und beherrschten Skalvensystem umgestalten, wobei alle Menschlichkeit, alles Licht und alle Liebe vor die Hunde geht.
Natürlich ist dies Baumbeispiel nur ein kleines Körnchen im grossen Sandhaufen, aber dennoch ist es für bewusste Individuen so vielsagend, wie kaum ein bis ins Detail ausgeführter und belegter Artikel sein kann.
Erkennt die Zeichen. Wehret den Anfängen!
Es ist himmeltraurig.
Da dies mein erster Kommentar hier ist (ich bin des öfteren beim Göller unterwegs), möchte ich Dir mal meine aufrichtigen und von Herzen kommenden Dank zollen, für Deine Arbeit!
Liebe Grüsse
Ps. Auf die Mehrheit der systemgefügigen Bioroboterhorden können wir leider nicht zählen. Wir müssen das Licht und die Liebe anderweitig bewahren, denn sie bekämpfen das Leben, im Unwissen, dass sie nicht wissen, was sie tun und/oder legitmieren, ja gar fordern…
*seufz*
Achja, noch was. Ich hab schon als fünfjähriger Hösi nie verstanden, wie geldgierigie Tropenholzpsychos wunderschöne Urwaldriesen, mitsamt des umgebenden Ökosystems, einzig der Profitgier wegen, einfach so opfern können. Das war die Initialzündung das ganze Desaster bis auf den Kern zu hinterfragen, und ich – nicht nur ich, noch viele weitere der letzten Menschen ;’-) – musste mitansehen, wie alles weiter kaputt gemacht wird, was wahres Leben enthält.
*Doppelseufz*