Guido Westerwelle denkt darüber nach, Waffen zu liefern. An die syrische Opposition. Dieses laute Nachdenken, sollte man sofort unterbrechen. Keine Waffen in Krisengebiete zu liefern, war bisher Konsens aller Parteien.
Doch wir erleben in Deutschland, wie bei der EU, dass so Vieles, was einmal geschriebenes oder ungeschriebenes Gesetz war, nur noch dazu dient, es zu brechen.
Dabei ist die syrische Opposition nicht vorzeigbar. Was spräche eine beredtere Sprache als die Tatsache, dass man auf einen Texaner, einen US-Staatsbürger mit kurdisch-syrischen Wurzeln für das Amt des “legitimen” Vertreters des syrischen Volkes, alias Übergangspremier, zurückreifen musste, der seit dreißig Jahren nicht mehr in seiner ehemaligen Heimat war?
Glaubt irgendjemand im Ernst, dass dieser den Syrern völlig unbekannte Mr. Hitto einen potenziellen Hexenkessel nach dem (seit zwei Jahren angekündigten) Sturz Assads “regieren” kann?
Gestern jagte sich ein Selbstmordattentäter vor dem hochbetagten sunnitischen Kleriker al-Bouti in der al-Imaan Moschee Damaskus in die Luft und riss 42 betende Menschen mit in den Tod und verletzte unzählige schwer. Der Islamgelehrte hatte sich wiederholt gegen Terrorismus und Extremismus ausgesprochen. Der Anschlag auf ihn, zeigt, wie weit die Irakisierung Syriens durch die “Rebellen” schon gediehen ist. Eine gleichgültige Weltöffentlichkeit hat sich restlos damit abgefunden, dass wir alle paar Tage Kurznachrichten von Bombenanschlägen im Irak in der Zeitung lesen, ohne über die Toten auch nur einen Gedanken zu verlieren.
CNN, der amerikanische Nachrichtenkanal, erwähnte den bestialischen Anschlag in Damaskus mit keinem Wort, kaum zu glauben, man möge es googlen! Stattdessen wird Syrien nur noch im Zusammenhang mit Chemiewaffen erwähnt – März, der Monat des 10. Jahrestages des Angriffs auf den Irak …
Guido Westerwelle möchte nun das Blut der Opfer in den Teppichen der Moschee mit noch mehr Blut herausreiben. Im Mai läuft das EU-Waffenembargo aus; doch Hague und Hollande können es gar nicht mehr erwarten, Waffen zu liefern. Und sie wissen, was sie tun: Sagte doch William Hague erst unlängst: “Syrien entwickelt sich zu einem Magneten für Dschihadis”. Dabei sah er weniger für die Syrer selbst ein Problem, als für Großbritannien, für den Fall, dass die Dschihadis bald auch den Weg nach Europa finden könnten. Hague ist damit erkennbar einer der moralisch verworfensten Außenminister des Inselreichs der letzten Jahrzehnte.
Und der französische Außenminister Laurent Fabius antwortete auf die Frage einer Journalistin, was die Regierung machen werde, wenn die EU Waffenlieferungen an syrische Rebellen nicht erlaube. “Frankreich ist einen souveräne Nation, Madame” (GA Bonn 16./17.3.2013). Eine Bankrotterklärung, die ganz übersehen wurde! Dass Europa mit einer Stimme reden, dass die Souveränität einzelner Staaten abgegeben werde müsse (und das stetige Brandmarken einer Erwähnung derselben in Deutschland), all dies gilt nicht mehr, wenn Waffengeschäfte (bezahlen die Kataris wie bisher?) anstehen.
Das EU-Waffenembargo sollte verlängert und alle Anliegerstaaten der Region ebenfalls darauf verpflichtet werden.
Ebenfalls geflissentlich überhört wurde offensichtlich auch die Warnung Vladimir Chizhovs, ständiger Vertreter Russlands bei der EU: Es sagte, die Wiederholung des Libyen-Szenarios sei ein “flagranter, strategischer Fehler”. Intentionen, dahigehend politischen Druck auszuüben seien ein “ungeheurer strategischer Fehler”. Chizhov bezog ausdrücklich auch die Ankündigung Frankreich und Großbritanniens mit ein, das Waffenembargo aufzuheben.
Auf Papst Benedikt zu hören, der bei seinem Besuch im Libanon im September letzten Jahres sagte: “Waffenlieferungen nach Syrien sind eine schwere Sünde!”, erwartet von Leuten wie Hague, Hollande und Westerwelle im Ernst niemand. Wenn sie jedoch auch nicht auf die eindeutigen Warnungen des russischen Vertreters bei der Europäischen Union hören, könnte es tatsächlich ernst werden!
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