Ein schwerwiegende Frage, deren Beantwortung mit dem 1200 Seiten starken Vertrag von Lissabon nicht einfacher wird. Wer hat ihn überhaupt von Anfang bis Ende gelesen? Und vor allem: Haben ihn unsere Volksvertreter tatsächlich gelesen? Ich beschließe, nach den relevanten EU-Texten zu suchen.
Zur Erinnerung: Unser Grundgesetz sagt in seinem Artikel 102: Die Todesstrafe ist abgeschafft.
Darauf konnten wir uns bisher so ziemlich verlassen. Bei Demonstrationen z.B. konnten wir bisher sicher sein, dass, auch wenn maskierte „Chaoten“ gegen den Willen der Mehrheit der Demonstranten anfingen Steine zu schmeißen, die Polizei nicht plötzlich scharf schießen würde. So wie es jetzt aussieht, müssen wir in Zukunft weidlich überlegen, auf welche Demo wir im Zweifelsfalle noch gehen wollen. Denn: Ein paar gewalttätige „Autonome“ können schnell aus dem Nichts auftauchen. Aber der Reihe nach:
Da ist zunächst die Charta der Grundrechte (Fassung v. 14.12.2007), welche die EU schon 2000 in Nizza verkünden ließ. Sie hatte bisher keine Gültigkeit, da der EU-Vertrag noch nicht von allen EU-Mitgliedern angenommen war. Das (vorletzte) Hindernis scheint nunmehr mit dem irischen „Ja“ im zweiten Anlauf aus dem Weg geräumt zu sein.
Die genannte Grundrechtscharta sagt in ihrem Art.2. Abs. 1 und 2:
1. Jeder Mensch hat das Recht auf Leben.
2. Niemand darf zur Todesstrafe verurteilt oder hingerichtet werden.
Soweit scheint alles in Butter. Die Grundrechtscharta legt jedoch in ihrem Artikel 52 Abs. 7 fest, dass eine „Gebrauchsanweisung“, nämlich die sog. „Erläuterungen“ der Charta für alle EU-Länder verbindlich sind:
Art. 52 Abs. 7: Die Erläuterungen, die als Anleitung für die Auslegung diese Charta verfasst wurden, sind von den Gerichten der Union und der Mitgliedstaaten gebührend zu berücksichtigen.
Und was sagen nun die Erläuterungen zum wichtigsten alles Grundrechte, nämlich dem Recht auf Leben? (weiterlesen…)