Der ehemalige Chef des israelischen Geheimdienstes Mossad, Meir Dagan, warnt seit Monaten öffentlich vor einem Angriff auf Irans Atomanlagen. Er hofft, damit eine Katastrophe zu verhindern: “Man muss daran denken, was am Tag danach geschieht.” Ein Angriff sei schrecklich für Israel, eine Katastrophe unvorstellbaren Ausmaßes. (vgl. Spiegel 45/2001, S. 110.)
Der Literaturnobelpreisträger Günther Grass bedachte ebenfalls öffentlich gewissermaßen den Tag danach. Sein “Gedicht”, eigentlich eine Kurzanalyse, ist ein Dokument großer Sorge um den Weltfrieden aber auch ein Beweis dafür, dass einem in der Öffentlichkeit Bekannten endlich die Geduld ausgegangen ist. Dafür ist Grass zu danken.
Vor wenigen Tagen hatten die Führer der BRIC-Staaten (Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika) in New Delhi auf ihrem alljährlichen Gipfeltreffen eindringlich dazu aufgefordert, die Kriegsdrohungen gegen den Iran und Syrien einzustellen. Sie unterstützen die Embargo-Politik gegen den Iran und die Eskalation der Pro-Gewalt-Rhetorik nicht und riefen dazu auf, einer Kompromisslösung und dem Dialog Raum zu geben.
Seit Monaten, genauer gesagt seit Jahren, wird vor allem in den US-amerikanischen, aber auch den deutschen Medien Kriegsszenarien durchdiskutiert, günstige Zeitfenster für einen Erstschlag benannt, militärisches Handeln angemahnt, eingefordert. Außenpolitische Fachmagazine, Denktanks und Experten wollen das Undenkbare denkbar und möglich erscheinen lassen, die letzte Totenziffer, die für Israel in Spiel gebracht wurde, berechneten ganze 300 (!) hinzunehmende Tote bei einem Schlag gegen den Iran. Die Kriegsspieler blenden dabei in ihren Sandkisten aber immer die Möglichkeiten eines Dominoeffekts im Nahen Osten aus, bei dem sich alle Spannungen alter Rechnungen entladen könnten und – noch wichtiger – die unvorhersehbare Kriegsdynamik bei einem Eingreifen Russlands oder gar Chinas. (weiterlesen…)